Donnerstag, 6. Februar 2014

Matriachat - Saharasia - und die Venus von Nirgendwo

Viele unserer lieben Freundinnen vom Feminismus sind verliebt in die Vorstellung dass ein Matriarchat die Lösung aller Probleme unserer Menschheit wäre. Kein Krebs, kein Aids, Weltkriege und Atombomben gäbe es nicht, die Welt ist vereint und glücklich über die Erfindung von Tipp-Ex und dem Kaffeefilter. Die Menschen leben in Ruhe und Frieden, alle haben sich lieb, zumindest irgendwie und über allem schwebt eine Muttergottheit oder die Mütterbigottin. Wir wussten es immer schon, Frauen sind gütigere Herrscherinnen (Blody Mary), sozialere Staatstanten (Maggy Ironlady Thatcher) und bessere Erfinderinnen von Gesellschaftsstrukturen allemal.

Auch in früher Urzeit sollen die Menschen einträglich mit der Natur gelebt, eine Muttergottheit angebetet und sonst lieb und in friedlicher Eintracht singend miteinander am Lagerfeuer gesessen haben um die gegrillten Regenwürmer aus biologischer Haltung in Marmeladensoße aus biologischem Anbau zu verspeisen, während sie Kunstwerke von unbeschreiblicher Schönheit schufen. Alles natürlich dank dem Matriachat in dem sie lebten.

Sie „sind von einer weltweiten, friedlichen matriarchalen Kulturstufe überzeugt, einem Goldenen Zeitalter, das gewaltsam durch das Patriarchat abgelöst worden sei“  
Maret Fehlmann Die Rede vom Matriarchat.(2011), S. 393 f. 
Venus von Willendorf - Schamdreieck, Brüste und ausladende Hüften
Quelle Wikipedia

Eine Grundlage für diese Annahme ist bis heute die Saharasia These von DeMeo, aber auch Funde wie die Venus von Wilmersdorf. Eines vorweg, ich bin kein Geschichtsforscher, bringe aber auch eigene Ansichten mit ein. 



Saharasia - wie das böse böse Patriachat entstand 

Wer den Film der „englische Patient“ gesehen hat, kennt sie, die Höhle der Schwimmer. 1933 entdeckte Almásy Gilf Kebir bei einer Expedition in der Sahara diese und auch einige andere Höhlen. Er stellte auch gleich die Theorie auf, das es sich um reale Abbildungen der Landschaft in der Zeit vor 4000 – 9000 Jahren gehandelt hat. Die Landschaft also begrünt war, die Wüstenbildung sich somit erst später eingestellt hat.

Heute geht man davon aus, dass sich durch diesen Übergang eines feuchten Klimas, in ein trocken wüstenbildendes Klima, um 4000 v. C., mehrere Wüsten und Trockengebiete in Nordafrika, dem nahen Osten und Zentralasien gebildet haben. Dieser Wüstengürtel, von DeMeo, einem amerikanischen Geographen, Saharasia genannt, soll auch bei den Menschen dieser Zeit, seiner Kultur und der Form des Zusammenlebens, zu Umbrüchen geführt haben.

So hat „DeMeo unter Auswertung einer Fülle von historischen, archäologischen, ethnologischen, klimatologischen und geografischen Forschungsergebnissen herausgefunden, daß die Spuren der Entstehung und Ausbreitung von Gewalt auf einen Zeitraum und einen geografischen Raum zurückführen, in denen der Umschlag von einer friedlichen in eine gewaltsame menschliche Gesellschaft begann. Es handelte sich um den »Ursprung der Gewalt«, (…), dem eine zeitlich und räumlich sich ausbreitende Kettenreaktion von Gewalt folgte, die bis heute nachwirkt.“

So schreibt Bernd Senf in die „Wiederentdeckung des Lebendigen“

Die These besagt, das durch die vor 6000 Jahren, durch eine Umweltkatastrophe, sich verändernde Landschaft von fruchtbaren Gebieten hin zur Wüstenlandschaft, zu Nahrungsmittelknappheit bis hin zu extremen Hungernöten führte. Ein Massensterben setzte ein, bei dem die jungen und kräftigen Männer die besten Überlebenschancen hatten. Diese Männer gingen auf Raubzug. Mangelsituation und Raubzüge führen zu Charakterveränderungen der Menschen, das Urvertrauen verschwand, Angst und Unsicherheit entsteht. Die Bindung der Menschen untereinander, vor allem Mann/Frau und Mutter/Kind werden beeinträchtigt. Die Kultur der Menschen verändert sich, bildet sich zurück. Die Menschen gehen auf Eroberungszüge, unterdrücken und versklaven andere Menschen. Ausgrabungen finden in der Zeit nach dieser Umweltveränderung Festungsbauten, Kriegswaffen und Spuren von Massakern. Die Menschen panzern sich, ein Begriff den DeMeo von Wilhelm Reich entnommen hat und der sich auf die Veränderung des Charakters durch einschneidende Erlebnisse bezieht.

DeMeo versucht dieses durch ein umfassendes Kartenmaterial (zur Erinnerung er ist Geograph), von Ausgrabungen und Funden, aber auch von ethnologischen Untersuchungen, zu belegen. So vertritt er die These, dass sich das Patriarchat, ausgehend durch Völkerwanderungen aus dem Wüstengürtel verbreitet und sich somit ausstreckte. Je weiter ein Volk von dieser Region entfernt ist, desto weniger ist es anfällig für Herrschaftsformen des Patrismus. Die überlebenden Matristischen Kulturen liegen alle am weitesten entfernt von dieser Region in Ozeanien und der neuen Welt. Zwischen diesen Regionen liegen Regionen in denen sich beide Formen überschneiden.

Hier schliesst die Kurgan Hypothese an. Die von kriegerischen Völkern aus Südosteuropa und den dortigen Versteppungen ausgeht.

Seit den 1980er Jahren gibt es jedoch diverse neue Funde z. B. 

Das Massaker von Talheim
Fund von 34 Leichen aus der Zeit von 7000-7100 (späte Bandkeramik) vor unserer Zeitrechnung – Tote weisen Pfeilwunden und Frakturen durch quergeschärfte Beile. Die meisten Frakturen am Hinterkopf. Gruppe aus Männern, Frauen und Kindern. 


Das Neolithische Massaker von Schletz
58 Skelette von Männern jeden Alters, von Jungen bis zum Greis, auch die von älteren Frauen. Skelette von jungen Frauen und Mädchen fehlten. Alle Skelette weisen Schädelfrakturen durch einen Schlag von rechts hinten auf, auf die am Boden liegenden wurde weiter eingeschlagen.


Aber auch Jörg Petrasch von der Uni Tübingen geht von einer Häufung, wenn auch nicht von einer Regelmäßigkeit von Gewaltanwendung in der Bandkeramikzeit aus.

Das Urmatriachat und die Venus von überall 

Magna Mater, die Urgöttin oder Grosse Mutter, sind Statuetten die als Gottheiten des Neolithikum angesehen werden. Oftmals gehen Matriachatsanhänger davon aus, das diese Göttinnen, in der Archäologie Venusfiguretten, auf eine noch ältere Urmutter zurückgehen. In Alt-Europa, bis Anatolien wurde ca. 20.000 Figuren gefunden.

So soll der Mensch in der neolithischen Revolution, dem Übergang zu Ackerbau und Viehzucht, mit der Darstellung der Muttergottheit begonnen, bzw. diese ausgeweitet haben. In dieser Zeit soll der Frau die Anpflanzung und die Ernte oblegen haben, während Männer weiter zur Jagd gingen. Aus diesem Grund soll sich die Vorstellung einer Muttergottheit entwickelt haben, die für die Fruchtbarkeit zuständig war. Die Figuren zeigen Brüste, Schamdreieck und z. T. übertrieben breite Hüften.

Es gibt keine Darstellung von Geburtsszenen oder Szenen von Mutter mit Kind. Es gibt übrigens auch männliche Figuren, diese je nach Interpretation in geringerer Zahl, z. T. um die 10%. Andere Forscher gehen von zoomorphen Darstellungen und Darstellungen mit nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen aus, und nur 5% eindeutig weiblichen Figuren [1]

Würde man durch die Darstellung von Weiblichkeit und weiblichen Geschlechtsmerkmalen auf ein Matriarchat schließen, so müsste man nach Besuch des Pariser Louvre oder vieler Museen in Europa die auch Aktdarstellungen zeigen, glauben, wir würden heute in einem Matriarchat leben. 

[1]Lynn Meskell: The Archaeologies of Çatalhöyük. In: Goodison/Morris (Hrsg.): Ancient Goddesses. British Museum Press, London 1998, S. 46-62 

Schlussfolgerung 

Die These eines allumfassenden Matriarchats kann nicht gestützt werden. In wie weit in der neolithischen Epoche Menschen in matrichalen Strukturen lebten kann und wird sich wohl nie vollständig ermitteln lassen. Was aber gesagt werden kann: 

„Wenn die These der Matriarchatsforscherinnen stimmt, dass die Zeit des Neolithikums von Matriarchaten bestimmt war, dann war es trotz der Frauenherrschaft keine friedliche Zeit. Wenn aber die Kernprämisse für den Nachweis eines Matriarchats Gewaltlosigkeit beziehungsweise Friedlichkeit ist, dann ist am Ende der Bandkeramik nicht von einem Matriarchat zu sprechen.“ 

Eva-Maria Mertens: DerMythos vom friedlichen Matriarchat S. 33–46

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